Leben in der Chora

2023

Mitte Mai ist es mal sonnig, mal wolkig, abends ist es windig. Wir tragen Hoodies und Jacken. Unser Leben spielt sich in den 5 Wochen zwischen der Busstation im Hafen, dem Hospital, dem Liofagos, dem Filarakia, dem Sparmarkt, der ab Juni zu Kritikos mutiert, dem Kozi, dem Boulamatsis und dem Kastell ab. Es ist unser zweites Zuhause geworden. Manchmal denken wir noch an Limni, doch von hier aus können wir schnell mal auch nach Paros, Iraklia oder Koufonissi fahren, wenn wir wollen. Doch wir tun es nicht.

Am frühen Abend gehen wir zum Hafen hinunter. Evan kommt mit Niko und bringt sein neues Boot von Lavrion zum Anlieger. Familie und Freunde sehen es mit Spannung. Wir haben dicke Jacken mit und die brauchen wir auch. Es ist aufregend, das Anlegemanöver zu erleben. Nicole hat Kuchen von Lio mit und Vasso tauft bald das Boot. Wir wünschen allen viel Glück. „Good Naxosfishingexperience!“ Am Sonntag wird die Nikolaos (!) eingesegnet.  

Gabriella von der Busstation freut sich immer, wenn ich eikosi tikits stin Plaka bestelle. Sie sagt eisitiria. Ich nicke und beim nächsten Mal sage ich doch wieder tikits. Auf ein Rentnercar verzichten wir.

Das Leben ist angenehm, Thomas backt mal Brötchen für uns, Martin bringt Sauerteigbrot vom Inselbäcker mit, sonntags hol ich was vom Bäcker im Alten Markt, alltags bringt Nicole was vom Liofagos mit, dessen Kuchen und Törtchen uns "angrinsen", wenn wir am Hospital aussteigen. Wir können nicht vorbeigehen. 

Als wir mit Nicole ins Kozi gehen, empfiehlt Adoni uns Dervisomachlades. Weil es lecker schmeckt und ich mir das Wort nicht merken kann, bestell ich nächstes Mal nur Pfännchen, Tigania. Mitten im Essen fällt auf der Terrasse das Licht aus. Alle Versuche, es wieder hell zu bekommen, nutzen nichts. Ich kann das Tor noch erkennen, das Essen aber erst, als Teelichte auf dem Tisch stehen. Es gibt dann Mousse aufs Haus und noch ein zweites Mythos von Adoni. Den Abend werden wir nicht vergessen.  Als wir am nächsten Abend eine Schlange vor dem Elliniko stehen sehen, machen wir bei Maro Halt und essen lieber dort. Was gibt es mit der Rechnung? Ein zweites Mythos. Die spinnen die Naxioten.  

Dann passiert das, was wir noch nie auf Naxos erlebt haben. Der Himmel ist morgens grau und um zehn beginnt es langsam zu regnen.

Wir beschließen, Museen zu gucken. Also geht’s auf ins Archäologische auf dem Kastro. Der Fahrstuhl fährt heute nur zum Avaton hinauf, also nehmen wir Stufen und sind bald drin, der Eintritt ist für alte Menschen wie uns frei. Wir schauen uns Skulpturen an und versinken in der Zeit lange vor Christi Geburt. Als wir von der Paralia zurückkommen, gehen wir kurz in das Mitropolis Museum, wo die Ausgrabungsfläche natürlich nicht mit der von Akrotiri auf Santorini mithalten kann. Wir machen Siesta und Ramona kocht abends Rotelinsensuppe. Die kennen Nicole und Niko nicht, aber sie passt gut zu dem faulen, feuchten Tag.